Persönlicher Blick auf den Cyber-Angriff: Gemeinsam über das Maß hinauswachsen

Dortmund – 15.03.2023. Mehr als ein halbes Jahr ist es nun her, dass der Cyber-Angriff auf die IHK-Organisation uns auf vielen Ebenen vor neue Herausforderungen gestellt hat. Wir haben Holger Dörrenbach, Head of HR der IHK-GfI, gefragt, wie sich der Cyber-Angriff seines Erachtens auf den Bereich der Arbeitsbelastung ausgewirkt hat.
Was waren deine ersten Gedanken, als du von dem Cyber-Angriff auf die IHK-Organisation erfahren hast? 
Nachdem ich am Abend einen Anruf erhielt und als Teil des sich bildenden Krisenstabs über die wichtigsten Informationen rund um den Angriff informiert wurde, war ich sehr erschrocken. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich das Ausmaß der Situation nur bedingt einschätzen und machte mir viele Gedanken darüber, was uns in den nächsten Tagen und Wochen als IHK-GfI erwarten würde. Als ich dann am nächsten Tag sehr früh im Büro eintraf, war ich sehr beeindruckt von der Stimmung vor Ort – sie war bedrückend und aufregend zugleich. Es war sehr spannend, mitzuerleben, wie stark der Zusammenhalt innerhalb der Belegschaft war, während hinsichtlich des Angriffs immer klarere Informationen gewonnen werden konnten. Der Einsatz aller beteiligten Kolleg*innen war beispielhaft – sie leisteten ihre Arbeit bis zur Belastungsgrenze und verfolgten gemeinsam das Ziel, die Situation möglichst schnell und gut aufzulösen und zu bewältigen. Kolleg*innen, die nicht unmittelbar in die Umsetzung der Sofortmaßnahmen involviert werden konnten, kümmerten sich um die Anderen, indem sie beispielsweise Getränke oder Mittagessen vorbeibrachten.  

Als Head of HR bekommst du von allen Seiten mit, welche Auswirkungen der Cyber-Angriff auf Ebene der personellen Arbeitslast hatte. Wie hast du die Wochen und Monate nach dem Cyber-Angriff aus dieser Perspektive erlebt? 
In meiner Funktion konnte ich den Kolleg*innen aus der IT naturgemäß nur wenig Beistand leisten. Mein Team und ich haben uns stattdessen darum gekümmert, dass das Drumherum läuft, damit sich unsere Kolleg*innen voll und ganz auf die Wiederherstellung der Kundensysteme konzentrieren können. Aus personeller Perspektive galt es also zum einen, rechtliche Rahmenbedingungen in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat zu klären, Sonderregelungen zu generieren und Überstundenkontingente bereitzustellen. Zum anderen beschäftigen wir uns aber auch mit der Sicherstellung der pünktlichen Gehaltszahlungen und der Aufrechterhaltung der administrativen Prozesse sowie dem Verteilen von Corona-Schnelltests und Masken – auf diese Weise hat das HR hoffentlich dazu beitragen können, die Kolleg*innen zu entlasten und ihnen in dieser schwierigen Situation zur Seite zu stehen. 
Dass es im Rahmen dieser Ausnahmesituation zu einer starken Arbeitsbelastung bei den Mitarbeitenden der IHK-GfI kam, ist nicht zu bestreiten – eine Extremsituation in jeder Hinsicht. Durch den Cyber-Angriff waren diverse Systeme von heute auf morgen nicht mehr verfügbar, sodass gewohnte Arbeitsabläufe ins Wanken gekommen sind und neue entwickelt werden mussten. Es galt also Lösungen für Probleme zu generieren, die es zuvor noch nie gab – und das vor dem Hintergrund vieler Unsicherheiten sowie Anspannungen. Im Zuge dieses Prozesses durfte ich oft miterleben, wie die Kolleg*innen tolle neue Ideen und Ansätze für Herangehensweisen entwickelten und gemeinsam umsetzten.  

Was nimmst du aus der Zeit seit dem Cyber-Angriff für die Zukunft mit? 
Ich glaube, dass die Zeit seit dem Cyber-Angriff für alle Beteiligten eine anstrengende, aber auch sehr spannende Zeit war. Die Situation war keineswegs einfach und hat naturgemäß auch dazu geführt, dass vor dem Hintergrund der extrem stressigen und teils auch überfordernden Umstände nicht alles gut lief. Wenn unter solchen Umständen Konfliktsituationen entstehen, haben wir als HR immer die Funktion des Vermittlers. Durch das Berücksichtigen und Nachvollziehen der individuellen Perspektiven der Mitarbeitenden konnten wir auch auf zwischenmenschlicher Ebene neue Erkenntnisse und Erfahrungswerte gewinnen. Meines Erachtens sind wir als IHK-GfI insbesondere im Bereich des Zusammenhalts, der Einsatzbereitschaft sowie der Kreativität gemeinsam über das Maß hinausgewachsen. 

Holgers Top 5 Learnings: 
  • Damit alle an einem Strang ziehen können, müssen Aufgaben und Zuständigkeiten immer reflektiert und klar kommuniziert werden.  
  • Trotz all des Drucks gilt es, Führungsaufgaben nicht aus den Augen zu verlieren – Mitarbeitende sollten stets abgeholt und mitgenommen werden. 
  • Insbesondere in schwierigen Zeiten ist es essenziell, sich Pausen zu nehmen und einen Moment der Ruhe zu gönnen. Auf diese Weise kann man andere Perspektiven einnehmen und neue Ideen entwickeln. 
  • Vorfälle dieser Art regen jede*n Einzelne*n dazu an, sich tiefergehende Gedanken zum Umgang und Schutz mit eigenen und fremden Daten zu machen. 
  • Extremsituationen bringen auch immer neue Erkenntnisse und Erfahrungswerte hervor.